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Gebäude
sind sehr stark wechselnden Klimabedingungen unterworfen. Es kann windstill
oder stürmisch, bewölkt oder sonnig, heiß oder frostig
sein. Will man mit möglichst passiven Mitteln ein angenehmes Innenraumklima
schaffen, müssen die klimatischen Einflüsse der Umwelt auf das
Gebäude reguliert werden. Die Fassade als Schnittstelle zwischen
Umwelt und Gebäude muß veränderbar sein wie eine semipermeable
Zellmembran, die mit Hilfe elektrischer und chemischer Prozesse ihre Durchlässigkeit
für Nährstoffe und Flüssigkeiten variiert.
Seit einigen Jahrzehnten versucht man 'Intelligente Materialien' zu entwickeln,
bei denen durch Veränderung der Molekülstruktur ähnlich
wie bei einer Zellmembran die Durchlässigkeit reguliert werden kann.
Abgesehen von elektro-, thermo- und photochromen Gläsern mit variabler
Lichtdurchlässigkeit ist man bisher über die Grundlagenforschung
noch nicht hinausgekommen. Ein anderes, bereits heute realisierbares Konzept
für eine steuerbare Gebäudehülle ist die zweischalige Klimafassade,
bei der durch Veränderung der Luftführung und durch variable
optische Elemente die Durchlässigkeit für Licht, Wärme,
Luft und Schall reguliert werden kann.
Die zweischalige Fassade beruht auf einem Prinzip, das auch in der Natur
zu finden ist: Konzeptionell ist die Mehrschichtigkeit der Fassade vergleichbar
mit den verschiedenen Luftschichten der Erdatmosphäre, die durch
jeweils unterschiedlich starke Filterung, Absorption, Transmission und
Reflektion der verschiedenen kosmischen Strahlungen ein Klima auf der
Erdoberfläche erzeugen, das Leben ermöglicht. Ähnlich wie
bei einer Gebäudehülle hat jede atmosphärische Schicht
spezifische Eigenschaften in Hinsicht auf ihre Strahlungsdurchlässigkeit.
Durch Luftbewegungen werden zwischen den verschiedenen atmosphärischen
Schichten Stoffe und Energie ausgetauscht.
Die in letzter Zeit häufig zu findende Beschreibung der Gebäudehülle
als 'Membran' oder 'Haut' zeugt von dem Versuch, in der Natur entdeckte
Prinzipien auf das Bauen zu übertragen. Diese Analogiebildung hat
zu einer völlig neuen Idee von Fassade geführt: Sie wird nicht
mehr angesehen als eine starre Grenze zwischen zwei abgeschlossenen Welten,
sondern als eine vermittelnde Übergangszone zwischen zwei sich wechselseitig
beeinflussenden Bereichen. Um dieses Konzept umsetzen und realisieren
zu können, bedurfte es einer langen Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen
ist. Bereits
die Architekten der klassischen Moderne versuchten durch die Auflösung
der massiven Wand zur völlig transparenten Glasmembran einen maximalen
visuellen Bezug zwischen Innen- und Außenraum herzustellen. Ihre
Vorstellung von Transparenz war vor allem ein ästhetisches Konzept,
das zu dem neuen Raumkonzept des fließenden Raumes führte.
Klimatechnisch gesehen aber war die Ganzglasfassade als Vermittler zwischen
Innen und Außen ein Desaster. Ihre Durchlässigkeit verursacht
große Temperaturschwankungen, Hitze im Sommer und Kälte im
Winter. Dies führt zu einem unbehaglichen Raumklima im Fassadenbereich,
das sich auch mit Klimatechnik nicht beheben lies. Daher versuchte man
schon bald, durch einen mehrschichtigen Fassadenaufbau (Isolierverglasung
und Sonnenschutz) die thermischen Eigenschaften von Ganzglasfassaden zu
verbessern. Die Durchlässigkeit der Glasfassade kann jedoch auch
von großem Vorteil sein, wenn sie steuerbar ist. Durch die Ausnutzung
der Solarstrahlung kann das Gebäude beheizt oder durch die Erzeugung
thermischer Luftbewegung durchlüftet werden. Die Entwicklung von
zweischaligen Fassadensystemen mit steuerbarer Durchlässigkeit für
Wärme, Licht, Luft und Schall hat inzwischen zu Ganzglasfassaden
geführt, die gut isolierten, massiven Wänden gleichwertig und
in einigen Fällen sogar überlegen sind, da sie Umweltenergien
für die Temperierung des Gebäudes nutzen. Heutige zweischalige
Fassaden ermöglichen je nach Ausführung:
- solare Vorwärmung der Zuluft
- Verminderung der Transmissions- und Lüftungswärmeverluste
- behagliches Raumklima im Fassadenbereich
- kontrollierte, zugfreie, natürliche Lüftung auch bei hohen
Windgeschwindigkeiten und bei Windstille
- Wärmerückgewinnung aus der Abluft auch bei natürlicher
Lüftung
- Nachtkühlung durch Fensterlüftung bei gleichzeitigem Schutz
vor Regen und Einbruch
- Witterungsgeschützter, effektiver und zugleich steuerbarer Sonnenschutz
- Lärmschutz
Bei der
Entwicklung mehrschaliger Fassaden stehen sich von Anfang an zwei klimatechnische
Konzepte gegenüber. Das eine Konzept ist die Isolierung des Gebäudes
vom Außenklima. Die Gebäudehülle neutralisiert mit Hilfe
aktiver Klimatechnik alle äußeren Einflüsse. Im Innenraum
wird ein vom Außenklima völlig unabhängiges künstliches
Klima erzeugt. Als erster hat Le Corbusier dieses Prinzip mit seiner Idee
der 'mur neutralisant' formuliert. ' ... neutralisierende Mauern sind
aus Glas, aus Stein oder aus beiden Materialien (gemischt) gebaut. Sie
bestehen aus zwei Membranen, die einen Zwischenraum von einigen Zentimetern
haben. Durch diesen Membranzwischenraum, der das Haus umgibt, leitet man
in Moskau Heißluft, in Dakar Kaltluft. Ergebnis: auf diese Weise
erreicht man, daß die Innenwand (die Innenmembran) ständig
eine Temperatur von 18° behält. Das Haus ist hermetisch abgedichtet!
Kein Staub wird künftig mehr eindringen. Keine Fliegen, keine Schnaken
werden hereinkommen. Und kein Lärm!' (Aus: Le Corbusier: 1929. Feststellungen
zu Architektur und Städtebau, Wiesbaden 1964 S.70 ff.)
Eine Vorform dieses Konzeptes findet sich bereits in der von Corbusier
entworfenen Villa Schwob in La Chaux de Fonds (1915): Die Außenwände
des Wohnhauses sind zweischalig, der Hohlraum wird zur Verlegung von Kabeln
und Rohren genutzt. Die z.T. zweigeschossigen Fenster sind ebenfalls zweischalig,
zwischen den beiden Scheiben befinden sich Heizungsrohre, die im Winter
eine unbehagliche Abkühlung der großen Fensterflächen
verhindern.
Die eigentliche 'mur neutralisant' schlägt Le Corbusier erstmals
1927 bei seinem nicht prämierten Wettbewerbsentwurf für den
Völkerbundpalast vor. Beim Centresojus-Gebäude in Moskau (1929)
scheitert die beabsichtigte Realisierung ebenso wie bei der Cité
de Refuge in Paris (1932/33) an den zu hohen Kosten. Aber immerhin wird
sein Konzept von dem großen französischen Glashersteller Saint
Gobain überprüft, berechnet und in Laborversuchen getestet,
wobei sich die größere Behaglichkeit gegenüber konventionellen
Lösungen erweist. Realisieren konnte Le Corbusier sein Konzept nicht.
Er war seiner Zeit zu weit voraus. Erst über 40 Jahre später
wird seine Idee der 'mur neutralisant' von Klimaingenieuren als sogenannte
Abluftfassade realisiert und kommt bei zahlreichen Bürobauten seit
Anfang der 70er Jahre zur Anwendung. Die Abluftfassade integriert Fassade
und Haustechnik zu einem Gesamtsystem und ist einer der Vorläufer
heutiger Klimafassaden.
Die zweite
Traditionslinie der Klimafassade geht von einer nahezu gegensätzlichen
Idee aus, die dem Ideal einer semipermeablen Membran entspricht. Während
die 'mur neutralisant' auf dem Prinzip der aktiven Neutralisierung des
Außenklimas beruht, versucht die Kollektorfassade mit vorwiegend
passiven Mitteln, die Umweltenergien maximal auszunutzen. Sie beruht auf
der Ausbildung einer Pufferzone, die die äußeren Einflüsse
reguliert und steuert. Durch die variable Gebäudehülle sollen
die positiven Faktoren des Außenklimas maximal genutzt, die negativen
abgehalten werden. In den 40er Jahren entwickelte Buckminster Fuller erstmals
ein solches Konzept für eine zusätzliche zweite Außenhülle
für Gebäude. Der sogenannte 'Skybreak' sollte allein mit Hilfe
passiver Mittel ein gemäßigtes Mikroklima erzeugen und somit
die Gebäude vor den extremen Witterungseinflüssen schützen.
Ursprünglich hatte Fuller die Absicht, mehrere Gebäude mit einer
einzigen transparenten Membran zu umhüllen. Durch eine sphärische
Form sollte die Oberfläche und damit der Wärmeverlust reduziert
werden. Wind und Sonneneinstrahlung sollten für die Kühlung,
Lüftung und Heizung genutzt werden. Im Laufe der Jahre hat Fuller
dieses Konzept weiterentwickelt. Mit Norman Foster entwarf er 1978 ein
Ausstellungsgebäude für die Interntional Energy Expo in Knoxville
(USA) mit zweischaliger Gebäudehülle. Sie sollte durch solare
Heizung, Kühlung und Stromerzeugung die Energieautarkie des Gebäudes
ermöglichen. Weiter ausgearbeitet wurde dieses Konzept von Fuller
und Foster mit ihrem Entwurf des 'Autonomous Dwelling' (1982). Die äußere
Hülle des Wohnhauses besteht hier aus zwei unabhängig voneinander
drehbaren geodätischen Kuppeln, die jeweils nur zur Hälfte verglast
sind. Sie folgen tagsüber dem Lauf der Sonne und schließen
nachts das Gebäude nach Außen ab. Zwischen den beiden Raumhüllen
zirkuliert je nach Bedarf kalte oder warme Luft. Keiner dieser Entwürfe
wurde realisiert, doch Buckminster Fuller beeinflußte mit seinen
Ideen die amerikanische Ökologiebewegung der 60er und 70er Jahre.
Im Rahmen der Ökologiebewegung entstand die sogenannte 'Solararchitektur',
die vor allem auf der massiven Anwendung von Solarfassaden und -kollektoren
beruhte. Hierfür spielten nicht nur Fullers Projekte, sondern viel
mehr noch frühere praktische Versuche, die bis ins 19. Jahrhundert
zurückreichen, eine wesentliche Rolle. Während also die eine
Traditionslinie der Klimafassade auf den Bau vollklimatisierter Bürohochhäuser
zurückgeht, hat die andere im alternativen Selbstbau von ökologischen
Einfamilienhäusern ihren Ursprung. Erst die Verbindungen der in beiden
Bereichen gewonnen Erfahrungen konnte zur Entwicklung von Klimafassaden
führen. Die Wirkungsweise beider Konzepte findet sich bei heutigen
Klimafassaden wieder, weshalb sie im folgenden detailliert dargestellt
werden.
Kollektor - Fassaden
Kollektorfassaden
- wozu die Trombewand, der Luftkollektor und der Fensterkollektor gehören
- nutzen mit Hilfe einer zweischaligen Konstruktion die auf Südfassaden
einfallende Sonnenstrahlung zur Erwärmung und Durchlüftung des
Gebäudes. Die solare Energiegewinnung basiert auf dem Treibhauseffekt:
Das sichtbare Sonnenlicht (kurzwellige Strahlung) durchdringt nahezu ungehindert
die äußere Glasscheibe und trifft hinter dem Glas auf eine
Absorberfläche. Von dieser wird sie absorbiert und in langwellige
Wärmestrahlung umgewandelt. Der Wiederaustritt dieser langwelligen
Strahlung wird jedoch durch das dafür undurchlässige Glas verhindert.
Der Absorber gibt die gewonnene Wärme an die Luft im Fassadenzwischenraum
ab. Mit dieser können Innenräume entweder direkt (Luftheizung)
oder indirekt und damit zeitverzögert (Durchströmung von wärmespeichernden
Bauteilen) geheizt werden. Zugleich können die entstehenden Temperaturdifferenzen
auch zur Erzeugung einer thermischen Luftbewegung genutzt werden, die
der Durchlüftung (und evtl. Kühlung) des Gebäudes dienen
kann. Erst die Zweischaligkeit der Konstruktion erlaubt durch Luftführung
und integrierten Sonnenschutz Steuerbarkeit und flexiblen Einsatz der
solaren Energiegewinne. Durch sie wird die Fassade zum steuerbaren Energieumwandler.
Trombe
- Wand: Der einfachste und älteste Luftkollektor ist die sogenannte
Trombewand. Sie besteht aus einer auf der Außenseite schwarz gestrichenen
Südwand aus Beton oder Kalksandstein, vor die im Abstand von 5 -
15 cm eine Isolierverglasung montiert wird. Die Massivwand absorbiert
die tagsüber einfallende Strahlung und gibt die Wärme zeitverzögert
in den dahinterliegenden Raum wieder ab. Der Wärmetransport durch
die Wand dauert je nach Material und Dicke mehrere Stunden. Somit ist
der Wärmegewinn der Trombewand zu den unmittelbar wirksamen direkten
Solargewinne der Fenster zeitlich verschoben.
Um die Wärmegewinne aber auch bei Bedarf unmittelbar nutzen zu können,
verfügen die meisten Trombe-Wänden über Lüftungsöffnungen,
die einen konvektiven Wärmetransport durch eine thermisch erzeugte
Luftströmung ermöglichen. Durch eine Luftöffnung im Deckenbereich
strömt erwärmte Luft aus dem Luftkollektor in den Innenraum
und zieht dabei kältere Raumluft durch eine Bodenöffnung nach.
Durch die Durchlüftung wird die Wärmeabgabe an den Innenraum
beschleunigt.
Edward S. Morse entwickelte 1882 einen Luftkollektor, der neben diesem
Umluftbetreib auch Zuluft- und Abluftbetrieb ermöglicht. Mit Hilfe
von vier Öffnungen - jeweils oben und unten eine Öffnung zum
Innen- und zum Außenraum - kann die Luftführung und der Wärmetransport
je nach Bedarf gesteuert werden. Werden nur die Öffnungen zum Innenraum
geöffnet, wird - wie bereits beschrieben - dessen Luft im Umluftbetrieb
erwärmt. Wird die untere Klappe nach Außen und die obere Klappe
nach Innen geöffnet, wird im Zuluftbetrieb frische Außenluft
vorgewärmt. Wird die untere Klappe nach Innen und die obere Klappe
nach Außen geöffnet, wird der Innenraum im Abluftbetreib entlüftet.
Bleiben alle Klappen geschlossen, wird die Wärme nicht konvektiv
durch die Luft transportiert, sondern durch die Wand in den Innenraum
übertragen.
Ein großer
Nachteil der Trombe-Wand ist, daß die Speicherwand nicht auf herkömmliche
Weise gedämmt werden kann, da sonst die Wärmeleitung in die
Speicherwand unterbrochen wäre. Dadurch sind die Transmissionswärmeverluste
in unseren Breiten so groß, daß sie die solaren Wärmegewinne
wieder fast völlig zu nichte machen, weshalb die Trombe-Wand bei
uns in den letzten Jahren fast nicht mehr zur Anwendung gekommen ist.
Ein weiterer Nachteil ist, daß die gewonnene Wärme nur für
den unmittelbar an die Trombe-Wand angrenzenden Raum genutzt werden kann.
Bekanntes Anwendungsbeispiel für die vielfach in der Solararchitektur
der 70er Jahre realisierte Trombe-Wand ist das Haus von Douglas Kelbaugh
(Princeton, USA). Mit der Entwicklung der Transparenten Wärmedämmung
bahnt sich seit einigen Jahren eine Renaissance der Trombe-Wand an, da
mit der TWD die Transmissionswärmeverluste vermindert werden können.
Luftkollektor:
Luftkollektoren sind im Prinzip wie Trombe-Wände aufgebaut, nur daß
bei ihnen die Wärme durch einen mechanisch erzeugten Luftstrom abtransportiert
wird. Die Gebäudewand ist schwarz gestrichen und isoliert, so daß
sie die absorbierte Sonnenwärme fast vollständig an die Luft
im Fassadenzwischenraum abgibt. Ein Ventilator bläst die erwärmte
Luft aus dem Kollektor in Hohlkörperdecken, die die Wärme aufnehmen
und phasenverschoben als Strahlungswärme an die Innenräume abgegeben.
Die gewonnene Wärme kann so in andere Gebäudeteile transferiert
werden. Die abgekühlte Luft wird im Kreislauf dem Luftkollektor wieder
zugeführt. Der Ventilator ist temperaturgesteuert und nur während
der Heizperiode in Betrieb. Da die Außenwand keine Speicherfunktion
übernehmen muß, kann sie sehr gut wärmegedämmt werden.
Das System
kann im Sommer unter Umgehung des Kollektors auch zur Kühlung eingesetzt
werden. Die duchlüftbaren Hohlkörperdecken werden dann Nachts
mit kühler Nachtluft durchspühlt, die durch Öffnungen in
der Außenhaut direkt an den Stirnseiten der Deckenplatten angesaugt
wird. Im Kühlbetreib ist ein wesentlich größerer Luftwechsel
als bei der Wärmespeicherung notwendig.
Luftkollektoren wurden z.B. beim Mehrfamilienhaus Berlin-Lützowstraße
(1988, Planung: IBUS, Berlin) erfolgreich eingebaut, wo sie einen wesentlichen
Teil des Heizenergiebedarfs decken.
Fensterkollektor:
Fensterkollektoren sind Luftkollektoren mit transparenter Rückwand,
d.h. sie sind eigentlich nichts anderes ist als ein mechanisch durchlüftetes
Kastenfenster. Das äußere und innere Fenster hat jeweils ein
Zweischeiben-Isolierverglasung, zwischen beiden liegt ein Zwischenraum
von ca. 20 cm. Zur Steuerung der Sonneneinstrahlung befindet sich im Scheibenzwischenraum
eine verstellbare Jalousie mit zwei verschiedenen Oberflächenbeschichtungen
- einer strahlungsabsorbierenden und einer strahlungsreflektierenden.
Bei geöffneter Jalousie erwärmt die Sonnenstrahlung direkt den
Innenraum. Die geschlossene Jalousie dient entweder als Sonnenschutz oder
zur indirekten Solarenergiegewinnung: Zeigt die weiße bzw. verspiegelte
Jalousienfläche nach außen, wird die Sonnenstrahlung überwiegend
reflektiert. Dadurch wird eine Überhitzung im Sommer vermieden. Zeigt
die schwarze Jalousiefläche nach außen, wird die Strahlung
absorbiert und die Wärme wie bei einem Luftkollektor den Speichermassen
zugeführt. In kalten Winternächten kann durch Schließen
der Jalousie diese als temporärer Wärmeschutz genutzt werden.
Gegenüber einem konventionellen Fenster hat der Fensterkollektor
den Vorteil, daß Solarwärme je nach Bedarf in den Hohlkörperdecken
zwischengespeichert werden kann und zeitverzögert am gewünschten
Ort wieder abgegeben wird. Im Gegensatz zu Luftkollektor und Trombewand
ermöglicht der Fensterkollektor die Tageslichtausleuchtung des Innenraums
und nutzt auch diffuse Sonnenstrahlung zur Wärmegewinnung. Für
eine natürliche Lüftung sind seperate Lüftungsflügel
notwendig. Die Wirkungsgrade von Fenster- und Luftkollektoren liegen zwischen
20 und 60 %, was Wärmegewinne von 50 - 250 kWh/qm in der Heizperiode
ermöglicht. Luft- und Fensterkollektoren können sehr gut miteinander
kombiniert werden. 40 qm große Fensterkollektoren wurden z.B. bei
zwei Einfamilienhäusern in Lausen bei Basel (Architekt: Felix Meier)
bzw. Lörrach-Haagen (Ingenieur und Architekt: Siegfried Delzer) realisiert.
Bei dem zweigeschossigen Büro- und Gewerbegebäude Solar Dairy
(Oslo) wurde die gesamte ca. 200 qm große Südfassade als Fensterkollektor
ausgebildet, wodurch 40% des Heizenergiebedarfs bzw. 25% des Gesamtenergiebedarfs
des klimatisierten Gebäudes gedeckt werden.
Abluft - Fassaden
Anfang
der 70er Jahre - also zur gleichen Zeit, in der im ökologischen Wohnungsbau
solare Kollektorfassaden zunehmend eingesetzt wurden - entwickelten Klimaingenieure
für vollklimatisierte Bürogebäude eine zweischalige Fassadenkonstruktion,
die zwar nicht die Sonnenenergie nutzt, aber die thermischen Eigenschaften
von Glasfassaden verbessert. Herkömmliche Glasfassaden haben im Vergleich
zu massiven Außenwänden eine sehr schlechte Wärmedämmung,
sehr große solare Wärmegewinne und keine Wärmespeicherfähigkeit,
was nicht nur hohe Wärmeverluste im Winter und Überhitzung im
Sommer verursacht; zudem ist das Raumklima unbehaglich, da im Winter die
Fensteroberflächen erheblich kälter sind als der Innenraum.
Bei der
Abluftfassade werden die Schwankungen der Außentemperatur und der
Sonneneinstrahlung durch einen das Gebäude umhüllenden Luftstrom
neutralisiert. Das Gebäude ist vollklimatisiert, der Abluftstrom
wird geschoßweise durch den Scheibenzwischenraum der zweischalig
ausgebildeten Fassade geführt. Der Fassadenzwischenraum ist 10 -20
cm breit und wird gebildet von einer außenliegenden Isolierverglasung
und einer innenliegenden Einfachverglasung, die nur zu Reinigungszwecken
zu öffnen ist. Die Temperatur der durch die warme Abluft temperierten
Glasoberfläche weicht kaum mehr von der Innenraumtemperatur ab. So
liegt die innere Oberflächentemperatur der Fensterflächen im
Winter bei mindestens 18° C im Vergleich zu 5° C bei Doppelverglasung
und 12°C bei Isolierverglasung. Aufgrund der behaglicherne Fensteroberflächentemperatur
können im Gegensatz zu herkömmlichen Glasfassaden Arbeitsplätze
in unmittelbarer Fensternähe angeordnet werden, was eine höhere
Platzausnutzung ermöglicht. Die höhere Umgebungsflächentemperatur
erlaubt im Winter eine niedrige Lufttemperatur und somit eine gewisse
Heizenergieersparnis.
Um das
bei Glasfassaden auftretende Problem der sommerlichen Überhitzung
des Innenraums zu beheben, wird im Fassadenzwischenraum ein steuerbarer
Sonnenschutz (Jalousie bzw. Rollo) angeordnet. Normalerweise kann nur
ein außenliegender Sonnenschutz eine Erwärmung des Innenraums
verhindern. Bei der Abluftfassade jedoch führt der Abluftstrom die
durch Strahlungsabsorbtion entstehende Wärme ab, bevor sie in den
Innenraum gelangen kann. In Kombination mit Sonnenschutzgläsern kann
somit eine Sonnenschutzwirkung von 80 - 90 % ( Sonnenschutzfaktor b =
0,1 - 0,2) erzielt werden, was die Kühllast wesentlich verringert.
Damit ist ein wirksamer, teilweise steuerbarer Sonnenschutz auch bei Hochhäusern
möglich, bei denen aufgrund der auftretenden hohen Windgeschwindigkeiten
auf eine außenliegende steuerbare Verschattung verzichtet werden
muß. Bei der Abluftfassade ist der Sonnenschutz durch die äußere
Glashaut vor Wind und Wetter geschützt. Die Gebäude müssen
zwar weiterhin mechanisch klimatisiert werden, jedoch wird der Aufwand
hierfür durch die Abluftfassade wesentlich verringert.
Der Transmissionswärmeverlust
ist bei Abluftfassaden im Vergleich zu traditionellen Isolierverglasungen
um 50 - 60 % geringer. Zugleich kühlt aber die Abluft in der Fassade
erheblich ab, wodurch sich das Wärmerückgewinnungspotential
wesentlich vermindert. Abluftfassaden sparen in der Regel kaum Energie,
verbessern aber den Klimakomfort.
Wird die Abluftfassade jedoch mit Luftkollektoren kombiniert, kann solare
Wärmeenergie gewonnen werden: Die nicht transparenten Fassadenflächen
(Brüstungen) werden als Luftkollektoren ausgebildet und ebenfalls
von Abluft durchströmt. Die in den Luftkollektoren gewonnene Wärme
wird mit Hilfe eine Wärmerückgewinnungsanlage für die Heizung
des Gebäudes genutzt. Ein solches System wurde z.B. beim Verwaltungsgebäude
der Cristaleria Espanola in Madrid realisiert.
Seit Mitte der 80er Jahre können durch den Einsatz neu entwickelter
Wärmeschutzgläser mit sehr guten Wärmedämmeigenschaften
(k = 1,3 - 2,0) angenehme Glasoberflächentemperaturen auch ohne Abluftfassaden
erzielt werden, wozu auch keine mechanische Lüftung notwendig ist.
Abluftfassaden werden heute daher vorallem bei Hochhäusern eingesetzt,
um einen wirksamen variablen Sonneschutz zu ermöglichen. Bekannte
Anwendungsbeispiele für die in den 80er Jahren häufig realisierte
Abluftfassade sind Lloyds London (Architekten: Richard Rogers Partnership,
Klimaingenieure: Ove Arup), Deutsche Bank Frankfurt Main, sowie Haus der
Wirtschaftsförderung Duisburg (Architekten: Foster Associates, Klimaingenieure:
Roger Preston, Kaiser Bautechnik).
Klimafassaden
Die beiden
bisher vorgestellten Systeme - Kollektor- und Abluftfassaden - wurden
in den 70er und 80er Jahren entwickelt und erprobt. Seit einigen Jahren
bahnt sich unter dem Stichwort Klimafassade eine Synthese beider Konzepte
an. Dies ermöglicht, natürliche Lüftungskonzepte und Energiesparkonzepte
für große Büro- und Gewerbebauten zu entwickeln. Je nach
Standortbedingungen und Anforderungen an Lüftung, Wärme- und
Schallschutz können hierbei unterschiedliche Systeme zur Anwendung
kommen. Im folgenden werden die unterschiedlichen Konzepte für Klimafassaden
in drei Kategorien - Puffer-, Zuluft- und Abluftfassaden - aufgeteilt,
die sich vorallem in Hinsicht auf das Lüftungskonzept grundlegend
unterscheiden. Während bei Pufferfassaden - soweit sie durchlüftet
werden - gleichermaßen Zu- wie Abluft durch die Fassade geführt
wird, sind bei Zu- bzw. Abluftfassaden Be- und Entlüftung voneinander
getrennt.
Aus lüftungstechnischen Gründen reicht für Klimafassaden
im allgemeinen ein Fassadenzwischenraum von ca. 30 cm Tiefe aus. Werden
im Fassadenzwischenraum jedoch Stege zur Reinigung und Wartung vorgesehen,
so muß dieser mindestens 50 cm, besser 90 - 100 cm breit sein. Es
ist dann auch möglich, die für eine evtl. notwendige Lüftungsanlage
erforderlichen Installationen im Fassadenzwischenraum zu verlegen. Werden
in der inneren Gebäudehülle Lüftungsöffnungen vorgesehen,
muß der Fassadenzwischenraum in der Regel geschoßweise unterteilt
werden, um Schallübertragung zwischen den einzelnen Geschossen und
im Brandfall Brandüberschlag und Rauchausbreitung zu verhindern.
Nicht notwendig ist dies bei geschlossenen Pufferfassaden und Zuluftfassaden,
da hier der Innenraum nicht in direkter Verbindung mit dem Fassadenzwischenraum
steht.
Zur Verminderung von Transmissionswärmeverlusten sollte die innere
Gebäudehülle aus Isolierverglasung bestehen, während eine
einfache Verglasung für die äußere Hülle im allgemeinen
ausreichend ist. Die Wärmedämmung der Fassade kann durch die
Zweischaligkeit erheblich verbessert werden, wobei die Luftführung
und die Detailplanung auf die Wirksamkeit große Auswirkung haben.
Der zumeist im Fassadenzwischenraum angebrachte steuerbare Sonnenschutz
sollte möglichst nahe an der Außenhaut liegen. Noch wirkungsvoller
ist ein vor der äußeren Hülle liegender Sonnenschutz,
worauf aber wegen technischer Schwierigkeiten in den meisten Fällen
verzichtet wird. Stattdessen wird in einigen Fällen zur Ergänzung
des steuerbaren Sonnenschutzes im Fassadenzwischenraum die äußere
Hülle aus Sonnenschutzglas ausgebildet.
Der Schallschutz
zum Außenraum wird bei zweischaligen Fassaden durch eine äußere
Gebäudehülle mit Lüftungsöffnungen um ca. 8 dB, durch
eine hermetisch geschlossene äußere Gebäudehülle
um 20 - 30 dB verbessert. Vielfach wurden daher in der Vergangenheit zweischalige
Fassaden unabhängig vom Klimakonzept allein aus Schallschutzgründen
vorgesehen.
Geschlossene Pufferfassade
Eine Alternative
zu Abluftfassaden ist die Ausbildung von zweischaligen Fassaden als passive
Pufferzone. Die Innenräume sind dabei klimatisiert, die Raumluft
wird nicht über die Fassade abgeführt. Die Fassade besteht aus
zwei hermetisch abgeschlossenen Glashüllen im Abstand von ca. 1m.
Die extrem gute Winddichtigkeit der Fassade unterbindet unkontrollierte
Lüftungswärmeverluste. Im Winter ist der Fassadenzwischenraum
völlig abgeschlossen, wodurch ein stehendes, isolierendes Luftkissen
gebildet wird. Die Sonneneinstrahlung erwärmt die Luft im Fassadenzwischenraum
und vermindert somit die Transmissionswärmeverluste (vergleichbar
der Wirkungsweise eines Wintergartens). Im Sommer wird bei Bedarf der
im Fassadenzwischenraum befindliche Sonnenschutz aktiviert und Lüftungsklappen
am Boden und First geöffnet. Die sich erwärmende Luft im Fassadenzwischenraum
steigt aufgrund des Kamineffektes auf und wird nach außen abgeführt.
Bei dem Hooker Office Building (Niagara Falls, USA 1981, Architekt: Cannon
Design) konnte mit einer solchen 120 cm tiefen Pufferzone der Heiz- und
Kühlbedarf erheblich reduziert werden, wobei die zweischalige Fassade
zugleich als Lärmschutz dient. Bei einem Laborgebäude in Alberta
(Canada, Architekt: Woolfenden Hamilton Brown) wurden die jeweils 5 m
tiefe Nord- und Südfassade über Dach durch Luftröhren miteinander
verbunden, um im Winter einen Teil der solaren Wärmegewinne von der
Süd- zur Nordfassade zu transferieren. Überschüssige Wärme
wird in einen Wärmespeicher im Keller geleitet.
Eine nach Außen geschlossene, aber nach Innen öffenbare Pufferfassade
wurde für die Südfassade eines Bürogebäudes in Berlin
von den Architekten Leon & Wohlhage in Zusammenarbeit mit dem Klimaingenieurbüro
Lambeck entwickelt. Sie bietet den Gebäudenutzern einerseits Schutz
vor dem Lärm und den Abgasen der unmittelbar angrenzenden Stadtautobahn,
andererseits einen maximalen Bezug zum Außenklima. Um letzteres
zu ermöglichen, können vom Innenraum aus Schiebeelemente zum
90 cm breiten Fassadenzwischenraum geöffnet werden. Die Temperatur
des Fassadenraums ist stark vom Außenraum beeinflußt, so daß
die Nutzer durch das Öffnen der Fenster die Temperatur der klimatisierten
Räume beeinflussen können. Bei geöffneten Fenstern erhöht
sich zudem die Tageslichtausleuchtung und die Geräusche des Außenraums
werden wahrnehmbar, wodurch wahrnehmungspsychologisch eine ähnliche
Wirkung wie beim Öffnen eines herkömmlichen Fensters erreicht
wird. Im Winter bildet der Fassadenzwischenraum ein stehendes, isolierendes
Luftpolster. Im Sommer verhindern aluminiumbeschichtete Rollos eine Überhitzung
des Gebäudes. Bei aktiviertem Sonnenschutz wird die Luft zwischen
Rollo und äußerer Glasscheibe mechanisch abgesaugt, so daß
dann die Pufferfassade zur Abluftfassade wird.
Durchlüftete Pufferfassade
Um eine
natürliche Belüftung des Gebäudes zu ermöglichen,
kann die äußere, einfache Glashaut einer Pufferfassade geschoßweise
mit kleinen Lüftungsöffnungen versehen und die innere Gebäudehülle
als herkömmliche Fassadenkonstruktion mit zu öffnenden Fenstern
ausgeführt werden. Die Fenster dienen - wie bei natürlicher
Lüftung im allgemeinen üblich - zugleich zur Be- und Entlüftung.
Um einen ausreichend großen Luftwechsel zu garantieren, sind große
Öffnungsflächen vorteilhaft wie z.B. Dreh- oder Schiebefenster.
Die luftdurchlässige äußere Gebäudehülle vermindert
den Winddruck auf die innere Fassade des Gebäudes. Der Luftwechsel
erfolgt im wesentlichen aufgrund von Differenzen der Lufttemperatur zwischen
Außenraum, Fassade und Innenraum und ist somit auch an windstillen
Tagen möglich. Frischluft tritt durch die Lüftungsschlitze im
unteren Bereich des Fassadenzwischenraums ein, erwärmt sich, steigt
auf und entweicht durch die Lüftungsöffnungen im oberen Bereich
wieder nach außen. Auf ähnliche Weise strömt Luft aus
dem Fassadenzwischenraum in den Innenraum. Eine Temperaturdifferenz von
ca. 5° C reicht aus, um die Innenräume bis zu 3 m Tiefe zu durchlüften.
Treten keine Temperaturdifferenzen auf, ist eine mechanische Lüftung
erforderlich. Im Winter ist eine mechanische Lüftung empfehlenswert,
um bei Unterschreitung der Taupunkttemperatur (entspricht einer Außenlufttemperatur
von -5° bis +5° C je nach Luftfeuchte) eine Kondenswasserbildung
an der äußeren, einfachen Glasscheibe zu vermeiden. Falls die
Lüftungsöffnungen regulierbar ausgebildet sind, kann durch das
völlige Schließen des Fassadenzwischenraums im Winter der Heizenergiebedarf
um 30 - 50 % gesenkt werden, da durch die Bildung eines stehenden Luftpolsters
die Wärmedämmung erheblich verbessert und solare Wärme
gewonnen wird. Im Hochsommer sollten die Fenster ebenfalls nicht geöffnet
werden, damit nicht die im Fassadenzwischenraum erwärmte Zuluft die
Innenräume zusätzlich erwärmt. In Abhängigkeit von
Gebäude und Standort ist im allgemeinen über 60% der Jahresnutzungszeit
natürliche Lüftung möglich.
Ein steuerbarer
Sonnenschutz wird im Fassadenzwischenraum angebracht. Bei herabgelassenem
Sonnenschutz stellt sich eine thermische Luftströmung zwischen Sonnenschutz
und Außenhaut ein, die die absorbierte Wärme wieder nach außen
abführt. Dahinter steht die Luft vorwiegend. Würden Fenster
geöffnet, würde die durch den Sonnenschutz erwärmte Luft
in den Innenraum gelangen. Bei geschlossenen Fenstern kann eine Sonnenschutzwirkung
von bis zu 90 % (Sonnenschutzfaktor von b = 0,1) erreicht werden.
Das Konzept der durchlüfteten Pufferfassadenas ist insbesondere für
Bürohochhäuser interessant, da es trotz hoher Windgeschwindigkeiten
natürliche Fensterlüftung und außenliegenden Sonnenschutz
ermöglicht.
Die Firma Gartner hat ein entsprechendes Fassadensystem unter dem Namen
'Zweite-Haut-Fassade' entwickelt und seit 1992 an einem Fassadenprototyp
getestet. Eine erste bauliche Ausführung des Fasadensystems ist bei
einem dreigeschossigen Verwaltungsgebäude in Wien vorgesehen. Ein
sehr ähnliches Fassadensystem wurde von Foster Associates bei ihrem
Wettbewerbsentwurf für die Commerzbank Frankfurt vorgesehen. Das
Büro gewann mit dem Entwurf den ersten Preis, es ist jedoch unklar,
ob das Fassadensystem und das Lüftungskonzept bei der Ausführungsplanung
beibehalten werden.
Solare Pufferfassade
Die in
der Schweiz entwickelte 'Integralfassade' ist eine Art durchlüfteter
Pufferfassade, deren Zweischaligkeit jedoch nicht der Lüftungsregulierung,
sondern dem solaren Wärmegewinn dient. Integralfassaden sind daher
immer südorientiert und im Prinzip eine Weiterentwicklung des Wintergartens.
Die Integralfassade hat Außen eine einfache Glasscheibe, die mit
ca. 30 cm Abstand vor die Innenwand montiert wird. Die Innenwand besteht
aus einem Fensterelement mit Zweifach-Isolierverglasung und einem Brüstungselement
als massivem Bauteil mit einer vormontierten einfachen Glasscheibe. Die
Konstruktion hat einen guten Wärmedämmwert (k-Wert von 1,2).
Zudem erwärmt die Sonnenstrahlung die Luft im Zwischenraum sowie
die Brüstung. Die Brüstung wirkt wie bei einer Trombewand als
Wärmespeicher, der die Wärme zeitverzögert an den Innenraum
abgibt. Eine solche Südwand spart im Vergleich zu einer gut wärmegedämmten
Massivwand 50 % (78 kWh/qm) Wärmeenergie. Bei Westorientierung vermindert
sich der Spareffekt auf 25 %. Zur Vermeidung einer sommerlichen Überhitzung
ist ein vor die äußere Gebäudehülle montierter Sonnenschutz
vorgesehen. Der ganz außenliegende Sonnenschutz hat den Vorteil,
daß die Zuluft auch bei starker Sonneneinstrahlung im Gegensatz
zum zuvor beschriebenen System nicht erwärmt wird und daher eine
ganzjährige natürliche Lüftung völlig unproblematisch
ist. Am Versuchsgebäude der LESO der ETH Lausanne wurden seit 1982
unter der Leitung von Prof. André Faist ca. 30 verschiedene Varianten
von Integralfassaden getestet. U.a. wurde eine Integralfassade entwickelt,
die bei einem Bürohaus in Dingolfing (BRD) zur Anwendung kam. Ein
ähnliches Konzept entwickelte der Architekt Chantal Scaler für
die 525 qm große Südfassade des Mehrfamilienhauses Avenue Sainte-Clotilde
in Genf. Die äußere Gebäudehülle besteht aus einer
Einfachverglasung, die innere aus einer Isolierverglasung, beide mit zu
öffnenden Fenstern. Als Sonnenschutz dienen vor der Außenhülle
angebrachte bewegliche Markisen. Im Winter bleibt die äußere
Gebäudehülle weitmöglichst gschlossen. Die Wärmegewinne
des Fassadenzwischenraums werden über Lüftungsöffnungen
dem Innenraum zugeführt. Im Sommer werden Fassade und Innenraum mit
Außenluft durchlüftet. Die 60 cm tiefe Fassade dient zugleich
als Lärmschutz.
Solarthermische Abluftfassade
Solarthermische
Abluftfassaden funktionieren ähnlich wie herkömmliche Abluftfassaden,
benötigen aber keine mechanische Lüftungsanlage. Sie ermöglichen
eine windunabhängige und kontrollierte natürliche Lüftung
von Gebäuden. Die Gebäudehülle ist zweischalig, der Abstand
zwischen beiden Hüllen kann je nach System 25 - 100 cm betragen.
Die äußere Glashülle ist völlig geschlossen, so daß
Wind und Umgebungslärm abgehalten werden. Der Fassadenzwischenraum
ist unten geschlossen und oben geöffnet. Die Fenster der inneren
Gebäudehülle können in den Fassadenzwischenraum geöffnet
werden. Durch die Sonneneinstrahlung erwärmt sich die Luft im Fassadenzwischenraum,
steigt auf und entweicht nach außen. Der Luftstrom saugt Luft aus
den Innenräumen nach, wodurch das Gebäude durchlüftet wird.
Aerodynamische Aufsätze auf dem Dach erzeugen mit Hilfe des Windes
einen Unterdruck im Fassadenzwischenraum, wodurch die solarthermische
Durchlüftung unterstützt wird. Mit Lüftungsklappen in der
oberen Fassadenöffnung wird die Luftströmung reguliert. Im Winter
wird der Luftwechsel verringert, um den Lüftungswärmeverlust
zu verringern, im Sommer wird sie hingegen erhöht, um die Kühlung
durch Lüftung zu verbessern. Durch das Öffnen und Schließen
der Fenster wird die Durchlüftung in den Räumen individuell
gesteuert. Während der Heizperiode kann die Abwärme der Abluft
durch einen Wärmetauscher zurückgewonnen werden. Wird nur ein
Teil der Gebäudehülle als Abluftfassade ausgebildet, kann Frischluft
über Fenster in den anderen Fassadenbereichen nachströmen. Die
Frischluftzufuhr kann aber auch über Atrien oder - falls erforderlich
- über eine mechanische Zuluftanlage erfolgen. Ein steuerbarer Sonnenschutz
befindet sich im Fassadenzwischenraum. Die durch Strahlungsabsorption
entstehende Wärme wird durch den Abluftstrom in der Fassade wie bei
einer konventionellen Abluftfassade abgeführt. Die Sonnenschutzwirkung
kann eventuell verringert sein, wenn die Abluftströmung zu gering
ist, um die entstehende Wärme abzuführen.
Beispiel für eine Anwendung dieses Fassadenkonzepts ist das in der
Planung befindliche 22-geschossige Bürogebäude für die
Berliner Wohnungsbaugesellschaft GSW (Architekten Sauerbruch / Hutton,
Klimaingenieure Guy Battle, Ove Arup), bei dem die Westfassade, als solarthermische
Abluftfassade ausgeführt werden soll, während die konventionell
ausgeführte Ostfassade mit zu öffnenden Fenster eine natürliche
Frischluftzufuhr durch Querlüftung ermöglicht. Der Fassadenzwischenraum
ist ein Meter breit und nicht unterteilt, so daß sich über
die gesamte Gebäudehöhe der solarthermische Kamineffekt entwickeln
kann. Allerdings besteht so auch das Problem der Lärmübertragung
zwischen den Geschossen und die Gefahr von Rauchausbreitung und Brandüberschlag.
Inwieweit eine nicht unterteilte Abluftfassade realisierbar ist, wird
erst die Genehmigungs- und Detailplanung zeigen. Nachteilig ist ebenfalls,
daß sich über die große Gebäudehöhe die Abluft
im Fassadenzwischenraum zunehmend erwärmt, was die Sonnenschutzwirkung
vermindert.
Im Winter wird außerhalb der Bürozeiten die oberen Klappen
des Fassadenzwischenraums geschlossenen, so daß sich ein isolierendes
Luftpolster bildet. In Sommernächten hingegen erfolgt eine Nachtkühlung.
Um deren Wirksamkeit zu erhöhen, sind die Decken als Hohlkörper
ausgebildet. Diese werden nachts natürlich durchlüftet, wobei
sie durch die kalte Außenluft abgekühlt werden, so daß
sie am Tag vermehrt Abwärme aufnehmen können. Bei extremen Temperaturen
muß eine mechanische Belüftungsanlage unterstützend betrieben
werden, um die Frischluft heizen bzw. kühlen zu können.
Ein ähnliches Lüftungs- und Fassadenkonzept wurde bei dem Forschungsprojekt
'Green Building' von Ove Arup und Future Systems (1990) entwickelt. Hierbei
ist allerdings die gesamte Gebäudehülle als solarthermische
Abluftfassade ausgebildet, während das nach unten geöffnete
Atrium des aufgeständerten Gebäudes eine natürliche Zuluftführung
ermöglicht. Frischluft strömt durch regulierbare Öffnungsklappen
am unteren Ende des Atriums in das Gebäude, durchströmt die
das Atrium umgebenden Büroräume und strömt dann durch individuell
zu öffnende Fenster in den Fassadenzwischenraum und von dort zum
Dach. Im Sommer können Klappen am unteren Ende der Fassade geöffnet
werden, um Frischluft direkt in den Fassadenzwischenraum zu leiten, wodurch
die Luftströmung verstärkt und somit die Abwärme des Sonnenschutzes
effektiver abgeführt wird. Die Außenhülle des Gebäudes
ist so geformt, daß der Wind die natürliche Lüftung des
Gebäudes unterstützt. Zum einen wird ein großer Teil der
das Gebäude anströmenden Luft nach oben zum 'Dach' geleitet,
wo sie in der Abluftöffnung einen Unterdruck erzeugt und somit Abluft
aus dem Gebäude saugt. Zum anderen wird die Luftströmung am
unteren Gebäudeteil zu den Zuluftöffnungen geleitet und von
diesen mit Windschaufeln in das Gebäude gelenkt.
Ein anderes
Konzept für eine solarthermische Abluftfassade wurde unter dem Namen
'Twin-Face' von der Fassadenbaufirma ALCO in Zusammenarbeit mit dem Ingenieur
Paul Jordan entwickelt. Die Außenfassade ist zweischalig und in
vertikale Felder unterteilt, wobei sich neben einem Fensterfeld jeweils
ein verglaster Abluftkanal befindet. Die Fenster sind als Kästen
ausgebildet. Die äußere Fassadenhaut hat im unteren Bereich
des Fensterkastens kleine regulierbare Zuluftöffnungen, durch die
Frischluft einströmt. Nach Innen kann ein Lüftungsflügel
geöffnet werden, durch den Zu- wie Abluft strömt (vergleichbar
der Zweite-Haut-Fassade von Gartner). Seitlich hat der Fensterkasten Lüftungsöffnungen
zum Abluftkanal. Durch die Sonneneinstrahlung erwärmt sich die Luft
im verglasten Abluftkanal, so daß diese aufsteigt und die Abluft
aus den Fensterkästen nachsaugt. Bei Bedarf kann die thermische Abluftströmung
durch einen Ventilator mechanisch unterstützt werden. Die Abluftkanäle
sind max. 3-4 Stockwerke hoch. Durch die Unterteilung des ca. 25 cm tiefen
Fassadenzwischenraums in nur durch kleine Lüftungsöffnungen
miteinander verbundene Fensterkästen und Abluftkanäle wird die
Schallübertragung zwischen den einzelnen Stockwerken sowie Brandüberschlag
und Rauchausbreitung im Brandfall unterbunden. Nachteilig an diesem System
ist, daß die Fenster zugleich als Zu- wie Abluftöffnung dienen,
was einen ausreichenden Luftwechsel erschweren kann. Die solarthermische
Abluftströmung erzeugt im Gegensatz zum zuvor beschriebenen System
keine direkte Durchlüftung der Innenräume, da sie mit den Zuluftöffnungen
kurzgeschlossen ist. Eine Luftströmung im Innenraum entsteht wie
bei der Zweite-Haut-Fassade von Gartner nur aufgrund von Temperaturunterschieden
zwischen Fassade und Innenraum, was eine Durchlüftung des Innenraums
bis max. 5 m Tiefe erlaubt. Zudem besteht die Gefahr, daß die am
Sonnenschutz entstehende Wärme mit der Zuluft in den Innenraum gelangen
kann, wodurch ein sommerlicher Überhitzungschutz nicht mehr gegeben
ist. Diese Probleme könnten evtl. vermieden werden, wenn die Fassade
nur als reine Abluftfassade konzipiert wird und die Zuluft auf anderem
Wege in das Gebäude gelangt (mechanische Lüftung oder Querlüftung).
Die Wärmedämmung der Fassade ist mit k = 0,85 W / qm K sehr
gut. Das
Fassadensystem wurde in den letzten Jahren bei einigen kleineren Versuchsbauten
realisiert, u.a. dem Verwaltungsgebäude der Firma ALCO in Münster
(1991), dem Forschungszentrum der Firma Rudolf in Marlow bei Berlin (1993),
dem Verwaltungsgebäude der Firma Anders in Dallgow bei Berlin und
dem Eingangsfoyer des Behördenzentrums in Frankfurt Main (1993).
Erste Messungen haben eine prinzipielle Funktionsfähigkeit des Fassadenkonzepts
gezeigt. In wie weit für einen ausreichenden Luftwechsel eine getrennte
Zuluftführung notwendig ist, wird erst die detaillierte Auswertung
der Meßergebnisse zeigen. Eine großmaßstäbliche
Anwendung dieses Konzeptes erfolgte erstmals mit Umbau und Sanierung des
Telekom-Gebäudes in Köln (Achitekturbüro Schlösser)
und ist auch bei dem Bürohochhaus für die HeLaBa in Frankfurt
Main (Architekt Schweger & Partner) geplant.
Zuluftfassaden
Zweischaligen
Fassaden können auch zur solaren Erwärmung der Zuluft genutzt
werden, wobei hier immer ein mechanisches Lüftungssystem erforderlich
ist. Frische Außenluft wird während der Heizperiode über
die Fassade angesaugt, wobei sie sich wie bei einem Luftkollektor erwärmt.
Der Luftkollektor erstreckt sich hierbei in der Regel über die gesamte
Südfassade vom Boden bis zum Dach. Der Kollektor - eine der Fassade
vorgesetzte einfache Glashaut - ist nach unten hin offen, so daß
die Frischluft einströmen kann. Ein Ventilator saugt die erwärmte
Zuluft am oberen Fassadenrand ab und leitet sie in das Gebäude. Die
Außenwand dient als Absorber und ist gut isoliert. Im Sommer wird
unter Umgehung des Kollektors die Frischluft direkt angesaugt. Eine steuerbare
Jalousie im Fassadenzwischenraum dient als Sonnenschutz. Zur Abführung
von Wärme kann der Fassadenzwischenraum bei Bedarf wie bei einer
geschlossenen Pufferfassade durch Öffnen von Lüftungsklappen
im Dachbereich natürlich durchlüftet werden. Durch den nächtlichen
Stillstand der Lüftungsanlage bildet sich im Fassadenzwischenraum
ein wärmeisolierendes Luftpolster, was im Winter vorteilhaft ist.
Durch die Schließung des Sonnenschutzes kann die Wärmedämmung
dann noch zusätzlich verbessert werden. Zuluftfassaden eignen sich
auch sehr gut zur Sanierung von Altbauten, wobei einfach eine Glashaut
vor die bestehende Fassade montiert wird.
Zuluftfassaden wurde Anfang der 80er Jahre u.a. bei einem Bürogebäude
in Dillenburg von Gerd Hauser sowie bei dem Bürogebäude Briarcliff
House in Farnborough bei London von Arup Associates realisiert. Messungen
haben allerdings gezeigt, daß die solare Vorwärmung der Zuluft
beim Briarcliff House nur 1 % der benötigten Heizenergie einspart.
Eine bessere Wärmedämmung der schlecht gedämmten Außenhülle
(Solarfassade k = 3 W / qm K, Nordfassade 5,7 W / qm K) wäre wesentlich
wirkungsvoller gewesen. Allerdings war eine zweite Glashaut allein schon
als Schallschutz vor Straßen- und Fluglärm erforderlich.
In Leuven (Belgien) wurde mit Hilfe einer Zuluftfassade ein bestehendes
Laborgebäude energetisch saniert. Der Tranmissionswärmeverlust
konnte durch die Verbesserung des k-Werts von 5 auf 2,4 W / qm K um 65
% verringert werden. Die solare Vorwärmung der Zuluft deckt 10 -
20 % des Heizenergiebedarfs. Pro qm Solarfassade werden jährlich
330 kWh Wärmeverluste eingespart und 50-100 kWh solare Wärme
gewonnen. Die mit Wärmebrücken bestehenden Kondenswasserprobleme
wurden beseitigt. Die Kühllast wurde durch einen steuerbaren Sonnenschutz
reduziert.
Ein weiteres,
interessantes Zuluftfassadensystem wurde für den Verwaltungsneubau
der Firma Glasbau Seele von den Architekten Kauffman Theilig und dem Klimaingenieur
Matthias Schuler (Transsolar) entwickelt. Die zehngeschossige Südfassade
ist als Zuluftkollektor ausgebildet, dessen integrierter Sonnenschutz
die Solarstrahlung absorbiert und somit die Zuluft erwärmt. Frischluft
strömt am unteren Ende in die Fassade ein und wird am oberen Ende
von einem Ventilator abgesaugt, der die erwärmte Zuluft durch die
Speichermassen der vertikalen Tragkonstruktion im Inneren des Gebäudes
nach unten drückt. Am Fußpunkt gelangt die Zuluft in den Zwischenraum
der zweischaligen Nordfassade, die als passive Pufferzone ausgebildet
ist und zweifach isolierverglast ist. Die äußere Hülle
ist völlig geschlossen. Durch das Öffnen der Fenster in der
inneren Hülle werden die Büroräume je nach individuellem
Bedarf mit temperierter Frischluft versorgt. Die Abluft aus den Büros
wird über Abluftkanäle von einem Ventilator auf dem Dach abgesaugt,
wobei sie dort ihre Abwärme an die Zuluft abgeben kann. Während
des Sommers kann das Gebäude durch Öffnung von Lüftungsklappen
in der äußeren Gebäudehülle oder aufgrund von mechanischer
Lüftung mit kalter Nachtluft durchströmt und gekühlt werden.
Durch die zweischalige Fassade wird der Heizenergiebedarf von 75 kWh /
qm Jahr auf 30 kWh / qm Jahr gesenkt. Der Baukörper ist nach Süden
geneigt, um so die solaren Wärmegewinne im Sommer zu reduzieren.
Ungelöst an diesem Konzept ist das Problem der Schallausbreitung
zwischen den einzelnen Bürogeschossen und die Gefahr von Rauchausbreitung
und Brandüberschlag.
Weiterentwicklungen
Die hier
vorgestellten Konzepte für Klimafassaden geben nur einen Einblick
in die verschiedenen Möglichkeiten. Es sind zahlreiche Variationen,
Mischformen und Weiterentwicklungen der dargestellten Grundtypen denkbar.
Da Klimafassaden als multifunktionale Bauteile eine Vielzahl von Anforderungen
erfüllen müssen und u.a. die Belüftung, Belichtung und
Temperierung des Gebäudes wesentlich bestimmen, ist ihre Planung
wesentlich anspruchsvoller und komplexer als die herkömmlicher Fassaden.
In jedem Falle müssen Fachingenieure frühzeitig hinzugezogen
und das Konzept mit Hilfe von Umweltsimulationen überprüft werden.
Je nach Orientierung und Umweltbedingungen sind für die verschiedenen
Fassaden eines Gebäudes zumeist unterschiedliche Fassadensysteme
zu entwickeln. Solare Wärmgewinne sind nur bei südorientierten
Fassaden möglich. Eine zweischalige Ausbildung der anderen Fassade
kann jedoch aufgrund des Lüftungskonzepts bzw. aus Wärme- und
Schallschutzgründen sinnvoll oder gar notwendig sein. Da Klimafassaden
im Zusammenspiel mit Baukörper und Haustechnik das Gebäudeklima
regulieren, müssen sie auch gemeinsam mit diesen geplant werden.
Zweischalige
Fassaden erfordern bei der Herstellung einen erheblichen finanziellen
(ca. 350 - 500 DM / qm) und energetischen Mehraufwand. In jedem Einzelfall
ist zu untersuchen, ob der Mehraufwand bei der Erstellung sich aufgrund
der Einsparung im Gebäudebetrieb (Lüftung, Heizung, Kühlung,
Kunstlicht) lohnt. Dabei sollten auch finanziell nicht relevante Faktoren
wie Umweltfreundlichkeit und Arbeitsplatzqualität berücksichtigt
werden. Andererseits ist zu beachten, daß sich durch zweischalige
Fassaden auch der Reinigungsaufwand für die Fassaden im Gebäudebetrieb
erhöht. Bei einer ungenügenden Planung können zweischalige
Fassaden gänzlich wirkungslos sein, wie sich bei einigen ausgeführten
Bauten in der Vergangenheit gezeigt hat. Ungünstigstenfalls kann
sich die zweischalige Fassade sogar negativ auswirken.
Für eine optimale Tageslichtausleuchtung reicht es im allgemeinen
aus, wenn ein Drittel der Fassadenfläche als Fenster ausgebildet
ist. Die völlige Transparenz der Gebäudehülle ist zumeist
ein rein ästhetisches Konzept, das klimatechnisch problematisch sein
kann. Ist weder aus architektonischen Gründen eine völlige Transparenz
der Fassade gewünscht noch aus schallschutztechnischen Gründen
eine hermetisch geschlossene Gebäudehülle notwendig, sind energetisch
optimierte Lochfassaden (wie z.B. die Integralfassade) mit sehr guter
Wärmedämmung und zu öffnenden Fenster in vielen Fällen
nach wie vor von Vorteil.
Zweischalige Fassaden in Kombination mit natürlicher Lüftung
befinden sich noch am Anfang ihrer Entwicklung. Wesentliche Weiterentwicklungen
sind in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu erwarten. Hierbei
werden die Erfahrungen mit den ersten ausgeführten Bauten sowie die
Simulationsmögichkeiten neuer Computerprogramme wichtige Anregungen
geben. Besonders interessant werden hierbei natürliche Lüftungskonzepte
für Hochhäuser sein.
Gestalterisch bietet die zweischalige Fassade die Chance der Weiterentwicklung
der architektonischen Tranparenz. Durch die Entmaterialisierung der Außenwände
haben diese ihre Tiefe und ihr Volumen verloren. Oft wird die reine Glashaut
als ein zu direkter, unvermittelter Übergang zwischen Gebäude
und Außenraum, zwischen privater und öffentlicher Sphäre
empfunden. Bei der mehrschichtigen Fassade wird die Masse durch eine Staffelung
verschiedener Schichten ersetzt. Es entsteht ein Übergangsraum, der
zwischen der Innenwelt des Gebäudes und dem Straßenraum vermittelt,
nicht nur in klimatischer, sondern auch in sozialer und räumlicher
Hinsicht.
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