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Zunächst erscheint die Villa als eine direkte Umsetzung der Prinzipien
von 'Delirious New York': Das Gebäude ist in verschiedenen Ebenen
organisiert, die jeweils eine völlig andersartige Idee des Wohnen
verkörpern: Das untere, in den Hügel gegrabene Geschoß
thematisiert das Wohnen in der Höhle, die mittlere, völlig transparente
Ebene das extrovertierte, nomadischen Wohnen und die darüber schwebende
Box ein introvertiertes, von der Welt distanziertes Wohnen 'in den Bäumen'.
Jede dieser fast archaischen Wohntypologien führen zu einer völlig
andersartigen architektonischen Logik, so daß sich die Etagen in
Hinsicht auf Programm, Form, Konstruktion, Materialität, Licht usw.
unterscheiden. Verbunden werden die drei Stockwerke durch einen Aufzug,
der als eine offene, 3m x 3,5m große Plattform konzipiert ist: 'Jede
Station des Aufzugs entspricht ein unterschiedlicher life-style samt der
dazugehörigen Ideologie. Das Leben im Inneren des Gebäudes zerteilt
sich in einem solchen Ausmaß, daß es sich begreiflicherweise
nicht nach einem einheitlichen Drehbuch abspielen kann...die Konstruktion
ist genau in dem Maße erfolgreich, wie sie die Individualität
jeder einzelnen Parzelle bewahrt.' [1]
Diese Passage aus 'Delirious New York' ließt sich wie der Erläuterungstext
zur Villa Floriac und auch andere Schlüsselthemen des Buches wie
die 'Technologie des Phantastischen' oder die 'Lobotomy' (Trennung zwischen
innerer und äußerer Architektur) finden sich in dem Gebäude
wieder. So ist das obere Geschoß nach dem Prinzip der Lobotomy konzipiert:
Die nur von kleinsten Öffnungen punktierte Betonbox gibt nichts von
ihrem Inneren preis. Sie verhüllt gleichermaßen die intimsten
Aktivitäten des Familienlebens wie ihre architektonische Organisation
und erinnert somit an eine weitere Passage aus Delirious New York: 'Indem
der Monolith die innere von der äußeren Architektur trennt,
verschont er die Außenwelt von den Seelenqualen des ständigen
Wechsels, der im Inneren tobt.'[2]
Die Villa
erscheint als eine Umsetzung der von Rem Koolhaas formulierten urbanistischen
Prinzipien der 'Culture of Congestion' im kleinsten Maßstab. Das
Haus ist quasi einer Maschine zur Intensivierung und Maximierung von Erlebnissen,
womit der zentrale Wunsch des an einen Rollstuhl gefesselten Bauherrn
in Erfüllung geht. Er erklärte dem Architekten :'Ich möchte
kein einfaches Haus. Ich möchte ein komplexes Haus, weil das Haus
meinen Kosmos definieren wird.'[3]
Referenzen
Die 'metropolitane
Architektur' im Miniaturformat weist überraschende Parallelen zur
Villa Savoie von Le Corbusier auf: Auch diese ist in drei völlig
unterschiedliche Etagen organisiert und das Hauptgeschoß ist von
einem Fassadenband umhüllt, das nichts über die innere Organisation
erzählt. Zwar gibt es keinen Aufzug, doch bietet die Rampe eine kontinuierliche
Verbindung der drei Etagen und eine Polarität unterschiedlicher Erschließungsformen
wie bei der Villa Floriac. Der Ähnlichkeiten gibt es noch mehr: Beide
Gebäude sind als Drive-In-Villa konzipiert, beide scheinen durch
ein aufgelöstes Erdgeschoß über der Erde zu schweben.
Selbst in Details wie Schiebeglaswände und der Integration des Bad
in das Schlafzimmer finden sich analoge Motive.
Zahlreiche Referenzen lassen sich ebenso zu Mies van der Rohes Arbeiten
finden - von den Hofhausprojekten bis zum Farnsworth House - und ebenso
zu O.M.A.'s eigenen Arbeiten, insbesondere der Villa Dall'Ava (1991).
Gleichwohl ist die Villa Floriac weder Remake noch Collage. In den Bezugnahmen
zeigt sich vielmehr ein anderes Verständnis von Originalität
und kreativem Prozeß, welches gerade durch das Aufgreifen von Vorausgegangenem
über die Moderne hinaus verweist: Der Entwurf ist - entgegen dem
Mythos in der Moderne - eben keine geniale Erfindung eines einsamen Künstlers,
sondern evolviert in einem komplexen Prozeß, in den sich neben einer
Vielzahl von Faktoren auch die Geschichte der eigenen Disziplin (der Architektur)
einschreibt. Referenzen werden zu Rohmaterial, das sich im Entwurfsprozeß
transformiert, und das Neue entsteht nicht aus dem Nichts, sondern eher
aus der Umdeutung, Weiterentwicklung oder auch Abgrenzung vom Vorgefundenen.
Am offensivsten legte O.M.A. dieses andere Verständnis vom kreativen
Prozeß mit seinem Projekt für die Trienale in Mailand von 1986
dar, dessen Entwurf aus kaum mehr als einem verzerrten Nachbau von Mies
van der Rohes Barcelona Pavillon bestand.
Mies'scher Raum
Das Mittelgeschoß
des Maison Floriac kann als eine Radikalisierung und Erweiterung von Mies
van der Rohes Konzeptionen eines fließenden Raums gelesen werden.
Die Wohnetage ist zunächst ein völlig transparenter und offener
Raum, der nur wenige freistehende Elemente in sich aufnimmt. Durch die
Organisation des Gebäudes in drei Ebenen wurde es möglich, das
Wohngeschoß von der Notwendigkeit von Küchen, Bädern und
anderem zu befreien. Damit wurde Mies van der Rohes Idee räumlicher
Reduktion, wie er sie beim Farnsworth House 1950 am reinsten umgesetzt
hat, noch weiter radikalisiert.
Im Gegensatz zum Farnsworth House hingegen ist der Wohnraum der Villa
Floriac durch einige Eingriffe gerichtet und differenziert, was an die
Konzeption des Barcelona-Pavillons von 1929 erinnert. Aber anders als
in diesem ist das Repertoire der Elemente nicht auf eine Serie vertikaler
Wandscheiben unterschiedlicher Materialität reduziert, sondern besteht
aus einer Reihe völlig individueller Teile: Die leicht geneigte Stahlplatte
als Eingangstür, der verspiegelte Tubus des Treppenaufgangs, die
an eine minimalistische Skulptur erinnernde Stahlkonstruktion aus Kastenträger
und Stütze sowie die einhüftige Treppe, um die wichtigsten zu
nennen. Jedes dieser Elemente erfüllt eine oder mehrere essentielle
Aufgaben - der Konstruktion, der Haustechnik oder der Zirkulation - und
formt zugleich den Raum. Sie formulieren Haltepunkte, Blickrichtungen
und Bewegungslinien. Während bei Mies die Konstruktion dem Raum immer
eine kartesianische Ordnungsstruktur einprägt, ist sie bei der Villa
Floriac eines der wesentlichen Mittel, den Raum zu dynamisieren.
Reduktion und Differenz
Die Konstruktion
ist auf ein Minimum reduziert und zugleich maximal differenziert. Aufgelöst
in eine Sequenz singulärer Ereignisse formt sie Interventionen, die
den Raum nur noch lokal modifizieren. Bei der 25m x 11 m großen
Betonbox der Villa ist die Konstruktion auf vier Tragelemente reduziert,
die sich in Form, Funktion und Plazierung jeweils voneinander unterscheiden.
So liegt die Box im Osten auf einem Kastenträger auf, während
Sie im Westen an einem Doppel-T-Träger aufgehängt ist. Letzterer
wird wiederum von einem Betonzylinder sowie einem Zugseil aus Stahl gehalten.
Die konstruktiven Elemente weisen keinerlei Symmetrie oder Repetition
auf. Durch ihre azentrische asymmetrische Verschiebung in Grundriß
und Schnitt ist die Konstruktion dynamisiert. Diese Destabilisierung wird
noch visuell verstärkt, in dem der massivste Teil der Konstruktion
- der Betonzylinder - durch eine spiegelnde Verkleidung virtuell zum Verschwinden
gebracht ist.
Was zunächst als ein Manierismus erscheinen mag, erweist sich als
Mittel, um auf die spezifischen Nutzungen und räumlichen Situationen
individuell zu reagieren. Durch die Differenzierung und Dynamisierung
der Konstruktion nimmt der Baukörper Bezug zur Topographie auf. Im
Innenraum werden Blickbeziehungen und Ruhepunkte formuliert und auch funktionale
Anforderungen wie Leitungsführungen oder Zirkulation in die Konstruktion
integriert.
Heterogenes Kontinuum
Mies van
der Rohes Konzept eines fließenden Raums ist hier von seiner mentalen
wie konstruktiven Ordnungsprinzipien befreit und zeitlich wie räumlich
dynamisiert. An Stelle einer statischen Tektonik tritt die Vektorisierung
des Raums durch lokale Interventionen, die den Raum in ein kontinuierliches,
aber in sich heterogenes Feld überführen. Eine solche Raumkonzeption
entspricht der Idee vom glatten Raum, wie sie Gilles Deleuze und Felix
Guattari formuliert haben: 'Im glatten Raum ist die Linie ein Vektor,
eine Richtung und keine Dimension oder metrische Bestimmung. Es ist der
Raum, der durch örtlich begrenzte Operationen mit Richtungsänderung
geschaffen wird.... Der glatte Raum wird vielmehr von Ereignissen oder
Haecceïtates als von geformten oder wahrgenommen Dingen besetzt...
Während im gekerbten Raum die Formen eine Materie organisieren, verweisen
im glatten Raum die Materialien auf Kräfte oder dienen ihnen als
Symptome.' [4]Neben den zuvor
skizzierten Strategien der Entmaterialisierung, Asymmetrie, Exzentrizität
und Singularität lassen sich am Entwurf der Villa Floriac einige
weitere Verfahren herausarbeiten, die einen solchen kontinuierlichen und
zugleich in sich vielfältigen Raum generieren:
Polarität
Die drei
Schichtend der Villa artikulieren jeweils zwei komplementäre Pole.
Wie bei einem Magneten erzeugen sie ein Spannungsfeld zwischen zwei Gegensätzen,
die zugleich eine Einheit bilden. Im Erdgescho§ ist es die Gegenüberstellung
von Kochlabor und Wohnhöhle, Produktion und Konsumption, Materialität
und Medialität. Im Wohngescho§ stehen sich Innen und Au§en
gegenüber und im Obergescho§ der Bereich der Eltern und der
der Kinder. Die Ebenen stellen jeweils ein Kontinuum dar, welches durch
die Polarität differenziert wird. Die Polarität wird von dem
Schlitz in der Box markiert und vom Haupteingang inszeniert.
Multiplizität
Durch die
Multiplizierung von Elementen wie Eingang und Erschlie§ung wird eine
Eindeutigkeit und Hierarchisierung der Bewegungsabläufe untergraben.
Es gibt fünf Eingänge in das Haus und mehrere vertikale Erschlie§ungen:
eine dramatisch inszenierte Treppe, eine pragmatische Treppe, eine geheime
Treppe und die bewegliche Plattform. Es gibt keinen Raum im Haus, der
nicht von zumindestens zwei anderen Räumen aus zugänglich ist.
Die Strategie
der Multiplizität wiederholt sich auch bei der räumlichen Konzeption.
Wie bereits erwähnt, vereint das Haus drei verschiedene Grundtypen
des Wohnens in sich. Ebenso gibt es eine Vielfalt der Blicke: Das Panorama,
der gerahmte Ausschnitt, der gerichtete Blick durch die Beobachtungslöcher,
der gespiegelte Blick, der verschleierte Blick. Die Multiplizität
enthierarchisiert und erzeugt Vielfalt. Sie legt nicht fest, sondern bietet
Möglichkeiten.
Entgrenzung
Räumliche
Abgrenzungen wie zwischen Innen- und Außenraum oder die Abtrennung
der Intimsphäre des Bades werden aufgelöst. Die Bäder der
Kinder und der Eltern sind zugleich Zirkulationsräume, von denen
man andere Bereiche des Hauses erreicht. Die Badbereiche der Eltern ist
völlig in den Schlafbereich integriert. So ist die Dusche für
den Herren nichts weiter als eine Duscharmatur an der Wand des Schlafraums,
wobei das Duschwasser durch offene Fugen im Parkettboden ablaufen kann.
Die Durchwegung
verwebt die Innen- und Außenräume des Gebäudes miteinander.
Immer wieder führen Episoden des Wegesystems durch Außenräume,
wie die Brücke zwischen den Privaträumen der Kinder und der
Eltern, der Balkon zwischen den Zimmern der Dame und des Herrn oder die
Terrasse, die man auf dem Weg vom Haupteingang zum Wohnzimmer passiert.
In dem
Haus gibt es kein absolutes Innen oder Außen, sie sind relative
Charakteristika. Je nach Bezug zu anderen Bereichen des Gebäudes
und der Landschaft ist jeder Ort im Haus zugleich ein Innen wie ein Außen.
So ist das Patio von der Landschaft gesehen ein Innenraum, vom Haus aus
betrachtet ein Außenraum. Die Loggia im Obergeschoß befinden
sich in der Box und ist zugleich doch Außenraum. Selbst das vermeintliche
Innerstes des Hauses - der höhlenartige Treppenraum im Erdgeschoß
- ist zugleich ein Außen.
Verwandlung
Durch mechanische
Mittel werden die Definitionen von Innen und Außen weiter erodiert.
Durch das Öffnen der gigantischen, 8,5 m langen Glasschiebewand im
Wohngeschoß löst sich die Glasbox zu einem Außenraum
auf und zugleich wird die Terrasse partiell umschlossen. Das Haus erscheint
dann - wie bei Mies frühem Landhaus aus Backstein (1923) - als eine
Verdichtung von in der Landschaft zerstreuten Elementen. Doch auch eine
umgekehrte Verwandlung des Wohngeschoßes ist möglich. Durch
die Schließung der Vorhänge kann ein zeltartiger Innenraum
geschaffen werden, der gleichermaßen Terrasse und Wohnraum umschließt.
Eine weitere
Verflechtung von Innen und Außen erfolgt, indem die architektonische
Raumbildung durch eine topografisch-landschaftliche Raumbildung ergänzt
bzw. ersetzt wird. Das fast völlig entmaterialisierte Wohngeschoß
erhält seine eigentliche räumliche Fassung erst in der Landschaft,
durch die Vegetation im Norden und Osten sowie einem künstlichen
Hügel im Südosten, womit die vorgefundene landschaftliche Raumbildung
topographisch ergänzt wurde.
Somit dehnt sich der 'Wohnraum' in die Landschaft aus, seine 'Wände'
werden von Bäumen und dem Hügel gebildet.
Drama
In den
Raumfluß sind eine Serie von dramatischen Ereignissen eingefügt,
die Orte besonderer Intensität erzeugen. Als erstes ist hier den
Schock zu nennen, den man erlebt, wenn man aus dem höhlenartigen
Treppenraum des Erdgeschoß auf die Terrasse des Wohngeschoßes
mit seinem Landschaftspanorama emportaucht : In dieser Wegesequenz werden
zwei extrem gegensätzliche Raumerfahrungen miteinander kontrastiert.
Ein Überraschungseffekt erzeugt auch der vertikale Schlitz der Box,
der von Außen wie Innen nicht ersichtlich ist, und sich erst offenbart,
wenn man direkt unter oder neben ihm steht. Ein weiteres theatralisches
Spannungselement birgt die geheime Treppe der Kinder, die deren Treiben
vor den Blicken der anderen verbirgt . Mittels einer unsichtbaren Tür
können sie wie ein Deus ex macchina die Bühne des Wohngeschoßes
betreten. Dieses Spiel von Verheimlichung und Überraschung erzeugt
eine emotionale und mentale Sensation, die die Raumerfahrung intensiviert.
Durch die Uneinsehbarkeit gewinnt der Raum eine Tiefe: Eine unerwartete
räumliche Dimension kann sich plötzlich entfalten.
Verwandlung II: Technologie des Phantastischen
Der vertikale
Raum des Aufzugs durchdringt die drei Etagen und verschmilzt mit ihnen.
Er formt ein vertikales Kontinuum in dem ansonsten strikt horizontal geschichteten
Haus. Somit entsteht ein dreidimensionales Raumgeflecht, das sich mit
der Bewegung der Aufzugsplattform ständig verändert. Je nach
ihrer Position verändert sich die Raumform, die Belichtungsverhältnisse
und die Zirkulation in den einzelnen Etagen. Weinkeller und Bibliothek
sind nur von der Plattform aus zugänglich, und im Obergeschoß
erzeugt sie eine zusätzliche Verbindung zwischen den beiden Zimmern
der Eltern.
Doch auch der Raum des Aufzugs ändert sich mit seiner Position im
Haus. Befindet sich die Plattform im Erdgeschoß, so bildet sich
ein Raum von über 8 m Höhe, der das Bibliothekszimmer des Hauses
ist: Die eine 'Wand' wird von einem dreigeschossigen, transluzenten Bücherregal
gebildet, auf welches durch die Bewegung der Plattform zugegriffen werden
kann. In seiner obersten Position formt die Plattform ein privates Arbeitszimmer,
in das sich der Hausherr zurückziehen kann.
Auf der Höhe der Wohnetage wird die Plattform zur Bühne. In
der Mitte des Raumes liegend, ist sie von allen Seiten einsehbar und erinnert
an das Bild der Hebebühne von Radio City Music Hall aus Delirious
New York. Hier gewinnt die Mechanik eine theatralische Qualität,
wird zur 'Technologie des Phantastischen': Im Zusammenspiel mit den anderen
mechanischen Elementen des Raums, den Vorhängen, Schiebewänden
und geheimen Zugängen entsteht ein Bühnenraum für die Ereignisse
des Alltaglebens.
Inklusivität
Vergleicht
man die Villa Floriac mit den früheren Villen von O.M.A., wird deutlich,
daß sich hier ein verändertes Ordnungsdenken und eine andere
Raumvorstellung entwickelt hat, die offensichtlich von den Projekten des
Büros aus den frühen 90er Jahren stimuliert ist. Damals wurde
die Idee des 'glatten Raums' von Deleuze und Guattari im Kontext von Projekten
diskutiert, die mit landschaftlichen Topographien operierten, die von
gefalteten und gekrümmten Flächen erzeugt wurden. Exemplarisch
dafür waren das Kongreßzentrum Agadir (1990), das Urban Design
Forum für Yokohama (1992) oder die Bibliotheken von Jussieu (1993).
In eine ähnliche Richtung wies auch der Begriff einer 'Intensiven
Kohärenz' [5], wie er vom
amerikanischen Theoretiker und Architekten Jeffrey Kipnis geprägt
wurde. Im Kontext dieser Debatten hat sich in den Arbeiten von Architekten
wie Greg Lynn, Ben van Berkel, F.O.A. oder Jeffrey Kipnis eine Tendenz
etabliert, die versucht, diese Vorstellungen vorallem durch die Generierung
neuer Morphologien architektonisch umzusetzen.
Ein Projekt wie die Villa Floriac wirft die Frage auf, ob diese Suche
nach einem nicht-hierarchischen, kohärenten und zugleich heterogenem
Raum zur Erfindung expressiver Formen führen muß. Sie scheint
einen Weg aufzuweisen, der eher subtil als plakativ ein komplexes und
vielfältiges Raumgeflecht realisiert. Interessanterweise ermöglicht
der Verzicht auf komplexe Formgenerierungsprozesse gerade eine andersartige
Komplexität: Eine Vielzahl heterogener Faktoren werden absorbiert
bzw. generiert, sei es der Konstruktion, Zirkulation, Programm, Mechanik,
Landschaft etc. Während Formgenerierungsprozesse meist auf wenige,
klar definierte Faktoren limitiert sind und daher eine Sterilität
im Entwurf aufweisen, zeichnet sich ein solcher Entwurfsprozeß durch
starke Inklusivität aus.[6]
Damit soll nicht gesagt sein, daß sich die verschiedenen Auffassungen
von 'Komplexität' gegeneinander ausschließen oder die eine
der anderen vorzuziehen sei. Vielmehr ginge es darum, beide Tendenzen
im Kontext der anderen zu diskutieren und den zur Zeit recht formal geführten
Diskurs aufzuweiten.
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